Galerie rekonstruierter Porträts
Erstellt: 2012
Veröffentlicht: 2012
Geändert: 2017
Das Mbundu-Volk von Süd-West-Afrika lebte in unterschiedlichen Gebieten. Die Familie, die über das größere Ndongo-Reich herrschte, war das Zuhause für Njinga Mbande (*1582–†1663 uz) gewesen. Sie begann ihre politische Karriere, als sie eine Konferenz als Gesandtin für den amtierenden Ngola (= ›Herrscher‹) von Ndongo, ihren Bruder, teilnahm. Während diesen Friedensgespräche in 1622 uz verhandelte sie mit den Portugiesen, die das Land, dass sie versehentlich ›Angola‹ nannten, versuchten zu erobern. Bei dieser Gelegenheit schloss Njinga Mbande einen Vertrag mit den Portugiesen und konvertierte zum Christentum. Sie wurde als ›Dona Ana de Sousa‹ getauft, nach ihrer neuen Patin, der Ehefrau des portugiesischen Gouverneurs. Der Vertrag wurde allerdings nie beobachtet und der Tod ihres Bruders brachte sie in einen Kampf um die Kontrolle über Ndongo. Als selbst ernannte Herrscherin wurde Njinga Mbande eine wichtige Gegnerin der portugiesischen Bemühungen, die angolanischen Landesinneren zu besetzen. Sie schloss Allianzen mit sowohl den Niederländern als auch den rebellischen Imbangala-Banden und führte Armeen in den Kampf mit den Portugiesen, manchmal erfolgreich. Im Zuge der Ereignisse konnte sie ihren Platz in Ndongo nicht behalten. Gezwungen eine sonstige Hausmacht zu finden, überwand sie das benachbarte Reich Matamba und stellte sich selbst als Fürstin jenes Landes an. Dort führte sie Kriege mit den umliegenden Staaten. Als die Niederländer, ihr wichtigster Verbündeter, die Region im Jahr 1648 uz verließen, änderte sie ihren Ansatz. Njinga Mbande machte letztendlich Frieden mit Portugal und sie genoss noch einige ruhige Jahre, bevor sie an Altersschwäche starb. Obwohl sie zu einem Symbol eines afrikanischen Freiheitskampfes in der modernen Zeit gemacht ist, hat sie nie die massenhafte Verschiffung afrikanischer Sklaven nach Brasilien beanstandet. Die Portugiesen, die Niederländer, und die Mbundu-Staaten: sie alle beteiligten sich an den Sklavenhandel.
Wie sollten wir uns das Aussehen von Njinga Mbande vorstellen? Der italienische Missionar Cavazzi war am Hof von Njinga Mbande während der letzten drei Jahre ihres Lebens. Er schrieb einen umfangreichen (aber voreingenommenen) Bericht über ihre Geschichte und stellte ein paar gefärbte Zeichnungen her, in denen sie erscheint. Nach seinem Tod wurden seine Schriften publiziert, mit Gravuren, die locker auf diesen handgefertigten Zeichnungen beruhten. Sein wörtlicher Bericht zufolge war Njinga Mbande eine kleine und, nach seinem eigenen Geschmack, hässliche Frau. Sie hatte weiße Markierungen auf ihren Händen, Metallringe an ihren Armen und Knöcheln, und sie trug eine Halskette. Ihr Gesicht war gelegentlich mit farbigen Kosmetika verziert worden. Sie trug ein Stoffstück von ihrer Taille bis zu ihren Fersen. Auf ihrem Kopf trug sie oft eine traditionelle Kitundo (= ›Krone‹), ein vier Finger breites Band aus Nsanda-Rinde, das eine typische Frauentracht war. Die Zeichnungen bestätigen diese Beschreibung mehr oder weniger. In seinen Texten erwähnt Cavazzi auch noch ein Stoffstück, das ihre Brüste bedeckte, und ein weiteres Tuch, das sie über ihren Schultern trug, neben eine völlig portugiesische Garderobe. Die Zeichnungen stellen sie sowohl mit nacktem Oberkörper als auch mit ihren Brüsten bedeckt vor, aber nicht in portugiesischer Kleidung. Statt der traditionellen Kitundo zeigen die Zeichnungen Njinga Mbande mit einer europäischen Krone, die im wörtlichen Bericht als bevorzugte Alternative erwähnt wird. Die Gravuren in der gedruckten Version des Berichts von Cavazzi zeigen sie mit einer gänzlich ersonnenen ›Ananas-förmigen‹ Krone. Zusätzlich erscheint Njinga Mbande in den handgefertigten Zeichnungen mit Gegenständen, die nicht in den Texten vorzufinden sind: eine lange, dunkle, möglicherweise niederländische (?) Tabakspfeife, ein zeremonielles Beil, ein Spazierstock, und Pfeil und Bogen. Ihr Haar hat keine besonderen Merkmale.
Seit Cavazzi für ein europäisches, christliches Publikum schrieb und er eine sowohl akzeptabele als auch unterhaltsame Geschichte darstellen musste, ist es wohl möglich, dass er in der Beschreibung von Njinga Mbande mit der Wahrheit spielte. Die europäische Krone, die extra Gewanden, und einige Details der Verzierungen — Perlen, Silber, Gold, und kleine Reliefs von Kreuz und Krone — entsprechen ihrem wahren Aussehen wahrscheinlich nicht.
Welcher Stil war allgemein geläufig zur Zeit von Njinga Mbande? Und, noch wichtiger, was war der einheimische Stil in jene Zeit in Angola? Traditionelle afrikanische Kunst südlich der Sahara umfasst kaum zweidimensionale Bilder. Sie setzt sich hauptsächlich aus Skulpturen, Masken, Waffen, und Kultgegenständen zusammen. Deswegen ist es nicht einfach ein Stil zu bestimmen, der zu einem zweidimensionalen Porträt passt. Wie Blier erklärt, können Elemente identifiziert werden, die die ›afrikanische‹ Abbildungsweise unabhängig von den Dimensionen kennzeichnen. Es gibt einen starken Fokus auf die menschliche Figur, Formen werden oft mehr abstrakt als natürlich wiedergegeben, und Symmetrie wird innerhalb des gleichen Entwurfs häufig von Asymmetrie begleitet. Die sogenannte ›Benin-Bronzen‹ sind fast zweidimensional. Diese ›Bronzen‹ sind eigentlich Messingplatten mit Bildern in Hochrelief. Sie wurden während des sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderts uz gebildet. Die Edo-Kultur, die diese Platten hervorbracht, kann nicht unbedingt mit der Mbundu-Kultur verglichen werden, jedoch können deren Bildkonventionen schon als Richtlinie nützen. Die menschlichen Figuren auf diesen Edo-Platten werden immer in Vorderansicht wiedergegeben. Die Köpfe sind zu groß für den dazu gehörenden Körper. Die Augen, der Nase, und der Mund sind ihrerseits zu groß im Vergleich zum Kopf. Andererseits sind die Glieder wiederum relativ kurz und die Oberkörper scheinen ein wenig erstreckt. Größe folgt Bedeutung: wichtige Elemente und Menschen mit einem hohen Status wurden großer dargestellt als weniger wichtige. Die erscheinenden Figuren sind in Relief gegossen worden, aber die Ganzbilder fehlen Tiefe und Perspektive. Alle Elemente scheinen in einem unbestimmten Raum zu schweben, von flachen Verzierungen umgeben. Die Edo-Platten kennen keine Farbanwendung, im Gegensatz zu einigen anderen afrikanischen Artefakten. Insbesondere ältere Kunstwerke enthalten eine oder mehr Farben in einem bestimmten Bereich. Diese Farben sind Schwarz, Weiß, Rot, und alle Arten von Erdtönen, von Ocker bis Braun.
Die folgenden Details sind ins rekonstruierte Porträt aufgenommen worden. Das Aussehen von Njinga Mbande wurde nach kritisch ausgewählten Elementen der Beschreibungen von Cavazzi wiedergegeben. Sie trägt die Kitundo und ein langes Stoffstück um ihre Taille. Ihr Körper ist mit Kosmetika um ihre Augen, Metallringen um ihre Armen (und Knöchel, obwohl nicht sichtbar), und einer Halskette geschmückt worden. Es ist nicht klar wie die genannten ›weißen Markierungen‹ auf ihren Händen aussehen sollten. Diese wurden als weiße Linien hinzugefügt. Sie hält ein zeremonielles Beil und eine Tabakspfeife. Das Beil ist eine Mischung aus dem Beil, das in den Cavazzi-Zeichnungen zu sehen ist, und weiteren traditionellen Beilen aus zentrales und südliches Afrika. Die Form des Beils ist aufgebauscht worden, um dessen Bedeutung zu betonen, weil es den hohen Status von Njinga Mbande andeutet. Der Stiel ist rot gefärbt worden, weil es ein Symbol von Krieg und Macht ist. Die Größe, Form, und Farbe der Tabakspfeife stimmen schlichtweg überein mit den Zeichnungen. Das Ganzporträt entspricht den Bildkonventionen der Benin-Bronzen. Der Stoffentwurf ist davon abgeleitet worden, sowie die Verzierungen aus Blumen und die Punktestruktur in den Hintergrund. Njinga Mbande ist mit unbedeckten Brüsten dargestellt worden. Cavazzi erwähnt, dass Mbundu-Frauen dazu neigten, ihre Brüste (»schamlos«) nackt zu lassen und seine Zeichnungen zeigen sie zum Teil auf jene Weise. Diese Gewohnheit (oder Bildkonvention?) wird von verschiedenen Beispielen traditioneller Fraufiguren bestätigt. Die Strukturen in den Ecken des Porträts wurden entworfen, um etwas von Symmetrie–Asymmetrie hinzuzufügen: die Komposition der Strukturen ist symmetrisch, die Strukturen selbst nicht. Alle Farben wurden aus dem Farbenschema gewählt, das zu älterer afrikanischer Kunst südlich der Sahara passt.
Haben Sie einen Vorschlag oder eine Bemerkung anlässlich dieser Rekonstruktion? Jeder Kommentar ist sehr erwünscht.
Alternativen für ›Njinga Mbande‹: Ginga / Gingha / Gingua / Jinga / Njingha / Nzinga / Nzingha / Nxinga / Nxingha / Singa / Zhinga / Zinga / Zingha / Zingua — Ambande / Mbandi — Ana / Ann / Anna — de Sousa / de Souza.